Ist Shaolin Kung Fu effektiv für Selbstverteidigung?

Shaolin Kung Fu ist eine ganzheitliche Tradition der Dengfeng Region in der Henan Provinz, China. Das Training beinhaltet Schläge, Tritte, Hebeltechniken, Würfe, wie andere Kampfsporte und Kampfkünste auch. Shaolin Kung Fu beinhaltet somit alle Technischen Elemente für Kampf und für Selbstverteidigung. Die Antwort auf die Frage, ob Shaolin Kung Fu für Selbstverteidigung verwendet werden kann, kommt jedoch auf die Lehrer und die Trainingsmethoden der jeweiligen Schule an.

DAS SOLLTEST DU WISSEN: Kampfsport vs. Selbstverteidigung vs. Kampfkunst

Um herauszufinden, ob und wie die Kampfkunst funktionieren kann muss man definieren, woher sie stammt und in welchem Kontext man sie anwenden möchte.

Kampfkunst, insbesondere traditionelle Stile Nordchinas, stammt in vielen Fällen vom Kampftraining der Chinesischen Armeen ab (der Ming & Qing Dynastien). Soldaten kehrten nach dem Krieg zurück nach Hause in ihre Dörfer, übten dort weiter, und unterrichteten die Kampfkunst an ihre Söhne. Ursprünglich ging es also darum, gegen andere bewaffnete Soldaten zu kämpfen – meist auf Schlachtfelder. Ziel der Techniken war in erster Linie, die Gegner so schnell wie möglich zu beseitigen.

Die Kampfkünste haben sich über die Jahrhunderte weiterentwickelt und raffiniert, und beinhalten zahlreiche spezielle Körperaufbaumethoden, Konditionierung, Dehnungen, Mentale Stärkung, gesundheitsfördernde Übungen, etc. Traditionelle Kampfkunst hat auch einen enormen historischen, kulturellen und gesellschaftlichen Wert.

Kampfsport (wie z.B. Kickboxen, Muay Thai, Sanda,…) dient der sportlichen Ausübung der Kampfkünste: dies bedeutet, dass viele Techniken aus Sicherheitsgründen verboten sind, damit professionelle Athleten so lange wie möglich an Wettkämpfen teilnehmen können ohne permanent grossen Gefahren ausgesetzt zu werden. Das klassische Szenario des Kampfsports ist der 1 vs 1 Kampf in einem geschützten Rahmen, mit klaren Regeln. Wenn ein Schüler hauptsächlich kämpfen lernen will, ist er im Kampfsport zu Hause, denn da lernt er dies von Anfang an.

Selbstverteidigung befasst sich mit unberechenbaren Situationen wie Strassenkampf und Hinterhalt. Mentales Training wie Angst-Management, Selbstsicherheitstraining, Reaktionstraining sind festen Bestandteil der Selbstverteidigungslehre. Körperliche Technik wird auf das minimalste beschränkt, so dass in erster Linie primäre instinktive Bewegungsmuster gefördert werden.

Der traditionelle Lehrplan fokussiert nicht von Anfang an auf Kampf

Shaolin Kung Fu und andere traditionelle Kampfkünste müssen in ihrem historischen Kontext betrachtet werden, um eine objektive Schlussfolgerung zu treffen. Zum Beispiel darf man nicht vergessen, dass in alten Zeiten die Menschen von Natur aus härtere Leben hatten, und sich von Klein auf verteidigen können mussten. Das bedeutet, dass die meisten Schüler bereits kämpfen konnten, lange bevor sie einen Kampfkunst Meister gefunden hatten.

Deshalb ist in vielen traditionellen Lehrplänen der Fokus in erster Zeit auf korrektem Körperaufbau, Haltung, Struktur, und Bewegungsabläufe. Wenn der Schüler diese Elemente meisterte bewies er damit, dass er nicht nur gut genug für die komplexeren Techniken und Kampfmethoden war, sondern dass er auch treu war und einen guten Charakter hatte. Dies war insofern wichtig, dass kein Lehrer einem unberechenbaren, bösartigen Schüler gefährliche Kampftechniken beibringen wollte.

Die Lehrpläne der Systeme die wir unterrichten sind stark von diesem traditionellen Aufbau geprägt. Geschütztes Sparring gehört auch zum Programm, jedoch nicht in den ersten Monaten.

Realistisches Training = realistische Resultate

Um kämpfen zu können, muss man dies auch üben. Die Erwartung, dass man irgendwann kämpfen kann indem man nur Formen (Taolu / Bewegungsabläufe) übt, ist irreführend. Formen sind zwar ein wichtiger und unglaublich nützlicher Teil der Kampfkunst, können Kontakttraining jedoch niemals ersetzen. Für wahre Selbstverteidigung sind realitätsähnliche Trainingsszenarien erforderlich – also komplett eine andere Übung als normales, sportliches Sparring.

Wenn man die 3 Ausrichtungen (Kampfkunst, -sport, und Selbstverteidigung) kennt versteht man, dass sie nicht für Wettkämpfe gegeneinander entwickelt wurden. Kann ein Kung Fu Schüler der 1x pro Woche trainiert gegen einen professionellen MMA-Athleten auftreten? Wohl eher nicht. Kann ein ernster Kung Fu Schüler, der 2-3x pro Woche trainiert, sich in einem Strassenkampf verteidigen? Dies ist schon viel wahrscheinlicher. Allgemein gilt, man kann nur so kämpfen, wie man es übt. Übt man das Kämpfen nicht, reicht auch vollzeitiges Kung Fu Training in China nicht.

Die Essenz des Shaolin Kung Fu ist martialisch und das Training beinhaltet alle diese Elemente, jedoch muss den Schülern klar sein, dass es nicht nur ums Kämpfen geht:

«Die Essenz des Shaolin Kung Fu kann man mit diesen 3 Methoden und Prinzipien zusammenfassen: erstens das Gleichgewicht von Yin & Yang, zweitens komplette Körperbeherrschung und Koordination der 6 Harmonien, und drittens Kampf & Selbstverteidigung.» – Hu Zhengsheng

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